Infekt-Liga

Empfehlungen


Empfehlungen sollen in der Praxis therapeutische Möglichkeiten optimieren, vorhandenen Ressourcen nutzen und durch eine Qualitätsmanagement zur Sicherheit in der Arzneimitteltherapie beitragen. Sie sind nur dann hilfreich, wenn sie praktischen und pharmakoökonomischen Gesichtspunkten Rechnung tragen und den gegenwärtigen Wissensstand widerspiegeln. Hierbei sollen bewährte aber auch neue Antiinfektiva, eine gewandelte Erregerepidemiologie und aktuelle Resistenzdaten unter dem besonderen Gesichtspunkt gesundheitspolitischer Überlegungen bzw. Zwänge berücksichtigt werden.

Für häufig vorkommende Infektionserkrankungen im ambulanten oder stationären Bereich werden Epidemiologie, Erreger, Klinik, Diagnostik und Therapie in kurzer und übersichtlicher Form zusammengestellt. Die Empfehlungen zur Gabe von Antiinfektiva erfolgen auf der Basis des zu erwartenden Erregerspektrums unter Berücksichtigung aktueller Resistenzdaten und der Ergebnisse neuer klinischer Studien. Werden mehrere Therapieoptionen genannt, sind sie in ihrem Wirkspektrum nicht immer gleichwertig. Therapiealternativen bieten die Möglichkeit, die lokale Erregerepidemiologie zu berücksichtigen, Unverträglichkeiten zu umgehen oder situationsadaptiert eine Therapie zu eskalieren oder zu deeskalieren.

Falls klinisch möglich, wird aus Kostengründen die orale Therapie oder eine Sequenztherapie gegenüber einer rein parenteralen Therapie bevorzugt. Eine Indikation zur parenteralen Gabe des Antiinfektivums besteht bei lebensbedrohlichen Erkrankungen, reduzierter Immunabwehr, Schluckstörungen, Erbrechen, Diarrhoe, Koma, Kurzdarmsyndrom, mangelnder Compliance u.a. oder eine orale Form nicht verfügbar ist. Da die Übergänge fließend sind, sollte bei einigen Krankheitsbildern die Wahl für eine orale oder parenterale Applikationsart patientenorientiert entschieden werden. Leichte bis mittelschwere Infektionen können in der Regel oral therapiert werden.

Eine Vielzahl von Substanzgruppen ist verfügbar und erlaubt eine rationale Behandlung von Infektionserkrankungen. Die Auswahl eines geeigneten Antibiinfektivums sollte grundsätzlich unter besonderer Berücksichtigung patientenindividueller Risiken erfolgen. Unter dem Aspekt eines kurativen Therapieansatzes sind dabei nicht möglichst niedrige Tagestherapiekosten das entscheidende Kriterium, sondern die Effizienz einer Substanz hinsichtlich eines geeigneten Wirkungsspektrums, günstiger pharmakokinetischer Daten, der Eradikatonsrate, Therapiedauer und möglicher Nebenwirkungen.
Neuere Entwicklungen der Evidenz basierten Medizin (EBM) zeigen die Grenzen von Empfehlungen und Leitlinien auf. Eine Evidenz-basierte Versorgung scheitert häufig an der unzureichenden Evidenz, der fehlenden Akzeptanz vorhandener Evidenz durch Arzt und/oder Patient, geringer Praktikabilität wegen fehlender Verallgemeinbarkeit und mangelnder Umsetzbarkeit durch Hürden im Versorgungsalltag wie Finanzierbarkeit und Verfügbarkeit.
Dabei ist vor allem die mangelnde Individualität der Therapieentscheidung aus der Sicht des Arztes und des Patienten als wesentlicher Kritikpunkt zu nennen. Die bisher vorliegenden Evidenz-basierten Empfehlungen können in der Regel dem Anspruch einer patientenorientierten Medizin nicht gerecht werden, da wesentliche individuelle Faktoren fehlen. Neben der Basis der Evidenz basierten Medizin gibt es mindestens genauso wichtige Kriterien für die Diagnostik und Behandlung von Erkrankungen. Es sind dies:

Es wird dabei deutlich, dass Studienergebnisse sehr schwer zu beurteilen sind und strengen epidemiologischen und statistischen Kriterien nicht immer gerecht werden. Letztlich dienen Empfehlungen/ Leitlinien der Entscheidungsfindung für eine angemessene Behandlung innerhalb vorgegebener Handlungskorridore. Dem Risiko einer Vereinfachungstendenz der Behandlungsregime muss der Arzt mit seinem Wissen, der Erfahrung und seiner Intuition entgegenwirken.