Infekt-Liga

Prostatitis


Prostatitis/Chronisches Becken-Schmerz-Syndrom

Eine Prostatitis ist eine Entzündung der Prostata. Die abakterielle Prostatitis und bakterielle Formen mit chronischen Schmerzen im Beckenbereich können bei Männern jeden Alters auftreten, wobei ältere Männer jedoch häufiger betroffen sind. Nach der Klassifikation des NIH (National Institute of Health) und des NIDDK (National Institute of Diabetes and Digestive and Kidney Diseases) werden die Erkrankungen in vier Kategorien eingeteilt.

Kategorie I Akute Infektion der Prostata (akute bakterielle Prostatitis)
Kategorie II Chronische bakterielle Infektion der Prostata (Prostatitis)
Kategorie III Chronische abakterielle Prostatitis/chronisches Becken-Schmerz-Syndrom
a) entzündlich
b) nicht entzündlich
Kategorie IV Asymptomatische Entzündung der Prostata (Prostatitis)

Die Pathogenese der Erkrankung ist in den meisten Fällen ungeklärt. Nur in etwa 5 bis 10 % der Patienten mit Beschwerden einer „chronischen Prostatitis“ konnte ein Erreger ursächlich nachgewiesen werden. Dann ist eine kausale Antibiotika-Therapie indiziert. Der Infektionsweg ist meist urinogen, seltener hämato- oder lymphogen. Häufigster Erreger sind Escherichia coli und andere Enterobacteriaceae. Die Rolle intrazellulärer Erreger wie Chlamydophila trachomatis ist nicht vollständig geklärt.

Häufigste Pathogene bei Prostatitis
Ätiologisch nachgewíesen

Escherichia coli
Klebsiella spp.
Proteus mirabilis
Enterococcus faecalis
Pseudomonas aeruginosa
Ätiologie in Diskussion
Staphylokokken
Streptokokken
Corynebakterien
Chlamydophila trachomatis
Ureasplasma uralyticum
Mycoplasma hominis

Bei Patienten mit Immunschwäche bzw. HIV-Infektionen kommen auch seltene Erreger wie Mycobacterium tuberculosum, Candida spp., und seltene Erreger wie Coccidioides immitis, Blastomyces dermatidis und Histoplasma capsulatum vor.

Akute bakterielle Prostatitis

Eine akute bakterielle Prostatitis lässt sich meist anhand typischer Symptome diagnostizieren. Neben Schmerzen beim Wasserlassen und imperativem Harndrang bestehen Schmerzen in der Dammregion, insbesondere bei Stuhlgang und Kohabitation, sowie Fieber und allgemeines Krankheitsgefühl. Bei der digitalen rektalen Untersuchung zeigt sich die Prostata meist geschwollen und empfindlich, bei Palpation jedoch häufig ohne Auffälligkeiten. Strikturen, Blasentension oder andere urogenitale oder anorektale Erkrankungen müssen zuvor differenzialdiagnostisch ausgeschlossen werden. Zur Absicherung der Diagnose der akuten Prostatitis sollte Mittelstrahlurin und ein Schnelltest mit Hilfe von Teststreifen auf einen Infekt durchgeführt werden. Eine weiterführende quantitative mikrobiologische Diagnostik mit Erregernachweis und Antibiogramm aus Urin und Blut ist notwendig. Eine Prostatamassage zur Gewinnung von Prostatasekret ist kontraindiziert (Gefahr der Urosepsis).

Eine akute Prostatitis muss unverzüglich empirisch und nach Auswertung der mikrobiologischen Diagnostik gezielt antibiotisch behandelt werden. Adjuvant sollte für eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr gesorgt und eine analgetische Therapie beispielsweise mit nichtsteroidalen Antirheumatika durchgeführt werden.

Patienten mit Prostatitis sollten urologisch untersucht werden. Der Behandlungsbeginn einer akuten Prosttatitis darf dadurch aber nicht verzögert werden. Die empirische Initialtherapie erfolgt parenteral mit einem Cephalosporin der Gruppe 3 oder einem Fluorchinolon. Die Kombination mit einem Aminoglykosid ist möglich.

Bei klinischer Besserung ist die Umstellung auf eine orale Therapie möglich. Die Therapiedauer beträgt zwei bis vier Wochen, um eine chronische bakterielle Prostatitis zu verhindern. In weniger schweren Fällen ist auch eine orale Initialtherapie mit einem Fluorchinolon möglich.

In der Regel ist die Prognose der Prostatitis bei rascher und suffizienter Behandlung gut. Bei Therapieversagen sollte ein Prostataabszess mit Hilfe bildgebender Verfahren wie transrektalem Ultraschall oder CT oder strukturelle Ursachen ausgeschlossen werden.

Chronische bakterielle Prostatitis

Eine chronische bakterielle Prostatitis besteht bei einer Erkrankungsdauer von mehr als drei Monaten. Sie kommt eher selten vor und ist charakterisiert durch folgende Symptome: Schmerzen im Perianal- und Rückenbereich, rekurrierende Harnwegsinfektionen, mildem Harndrang, erhöhter Harnfrequenz oder Dysurie. Bei Palpation stellt sich die Prostata vergrößert und empfindlich dar. Zwischen einzelnen Exazerbationen kann die Erkrankung asymptomatisch verlaufen.

Die Diagnose sollte als Lokalisationsdiagnostik durch eine 4- bzw. 2-Gläser-Probe (Anfangs-, Mittelstrahlurin, Prostatasekret und Exprimaturin bzw. Mittelstrahl- und Exprimaturin) mit entsprechender mikrobiologischer Diagnostik abgesichert werden. Die Lokalisationsdiagnostik sollte nicht durchgeführt werden, wenn ein Hinweis für eine Harnwegsinfektion vorliegt. Zumindest sollte dann zur Verminderung bzw. Eradikation der Erreger in den Harnwegen zuvor eine 3-tägige Therapie mit Nitrofurantoin (4-mal 50 mg) durchgeführt werden.

Als Hinweise auf eine chronisch bakterielle Prostatitis gelten die Nachweise polymorphonuklearer Leukozyten und ovaler Fettkörperchen im Prostatasekret und dessen erhöhter pH-Wert. Zum Ausschluss von Zysten oder Abszessen innerhalb der Prostata sollte eine transrektale Ultraschalluntersuchung durchgeführt werden. Bei Männern > 45 Jahren kann das Prostataspezifische Antigen infektionsbedingt erhöht sein. Trotzdem sollte auch dabei der Verdacht auf ein gleichzeitig bestehendes Prostatakarzinom nicht ausgeschlossen werden.

Chronische „Prostatitisbeschwerden“ oder rezidivierende Harnwegsinfektionen bei Männern sollten immer auch urologisch abgeklärt werden. Psychogene Ursachen sind jedoch häufig, insbesondere bei jungen Männern. Die Erkrankung stellt oft ein therapeutisches Problem dar.

Der Nutzen einer oralen Antibiotika- Therapie bei chronischer bakterieller Prostatitis ist in mehreren Studien belegt worden. Empfohlen werden vor allem Fluorchinolone (Ciprofloxacin 2-mal 500 mg, Levofloxacin 500 mg, Ofloxacin 2-mal 200 mg) über vier bis sechs Wochen. Die klinische Erfolgrate dieser Therapie ist hoch und liegt je nach Studie zwischen 73 bis 89 %, die Erregereradikation zwischen 63 bis 77 %. Alternativ steht Trimethoprim (2-mal 200 mg) oder Co-trimoxazol (2-mal 960 mg) zur Verfügung. In einigen Studien wurde diese Therapie sogar über drei Monate durchgeführt. Insgesamt sind die Ergebnisse mit Trimethoprim/Co-trimoxazol jedoch denen mit Fluorchinolonen unterlegen (Tab. 8). In randomisierten klinischen Studien konnte der Nutzen einer adjuvanten Gabe von Alphablockern nicht eindeutig belegt werden. Es gibt jedoch Hinweise, dass die Kombination mit einem Antibiotikum und Alphablockern die Symptomatik verbessert und das Auftreten rekurrierender Infektionen günstig beeinflussen kann.
Bei einer gezielten Therapie mit nachgewiesener Infektion durch Chlamydophila trachomatis werden Makrolide bzw. Azalide (Erythromycin, Azithromyin) eingesetzt.

Chronische abakterielle Prostatitis

Die Ursache der abakteriellen Prostatitis ist bislang unklar. Es werden nicht diagnostizierte Infektionen durch Chlamydophila trachomatis, Ureaplasma urealytium, Mycoplasma hominis und Trichomonas vaginalis vermutet.
Zur Behandlung der chronischenb abakteriellen Prostatitis liegt kein einheitliches Therapiekonzept vor. Die bisher vorliegenden Studien sind nicht sehr zahlreich und halten Kriterien Evidenz-basierter Medizin auf Grund ihres Studiendesigns und/oder geringer Patientenzahlen nicht stand. Die Vermutung einer larvierten Infektion war die Grundlage einiger Untersuchungen zur Gabe von Antibiotika mit und ohne Kombinaton von Alphablockern. Auusagekräftige prospektiv randomisierte Vergleichsstudien fehlen aber in der Regel.