Urogenitale Infektionen

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Die Europäische Gesellschaft für Urologie hat in ihrer neuesten Empfehlung zum Management von Infektionen des urologischen und männlichen Genitalbereichs aktuelle Daten zur Pathogenese, Diagnostik und Therapie bearbeitet und neu bewertet. Unter Berücksichtigung neuerer Resistenzdaten uropathogener Erreger sind sie die Grundlage dieser Zusammenfassung zum Einsatz oraler Antibiotika in diesen Indikationen.

Infektionen des Urogenitaltrakts zählen zu den häufigsten Infektionen. Sie sind assoziiert mit hohen direkten Ausgaben im Rahmen der Behandlung, indirekten Kosten durch Arbeitsausfall und einer Einschränkung der Lebensqualität. Für Europa liegen keine Daten zur Prävalenz und der ökonomischen Bedeutung vor. In den USA sind Infektionen des Urogenitaltrakts jährlich in mehr als 7 Millionen Fällen der Grund für einen Arztbesuch. Annähernd 15 % der Antibiotika-Verschreibungen im ambulanten Bereich werden für diese Infektionen eingesetzt, die direkten Kosten hierfür werden auf mehr als 1 Milliarde US-Dollar geschätzt. Mehr als 100 000 Patienten werden pro Jahr stationär behandelt, meist wegen einer Pyelonephritis.

Im Krankenhaus sind Infektionen des Urogenitaltrakts mit > 40 % die häufigsten Infektionen, meist sind sie Katheter-assoziiert. Mehr als 25 % der Patienten, die mehr als sieben Tage ableitende Urinkatheter benötigen, entwickeln eine Infektion, wobei das Risiko mit jedem Tag um 5 % zunimmt. Die Mehrkosten einer Episode dieser nosokomialen Infektionen werden mit 500 bis 1.000 US-Dollar veranschlagt.

Urologische Infektionen sind meist die Folge aufsteigender, von der Urethra ausgehender Infektionen durch Enterobacteriaceae, insbesondere durch Escherichia coli. Harnwegsinfektionen werden durch eine pathogene Invasion dieser Erreger in den Harntrakt verursacht, die zu einer inflammatorischen Antwort des Urothels führt. Frauen haben dabei wegen ihrer anatomischen Verhältnisse ein höheres Risiko, ebenso wie Patienten mit Urinkathetern oder instrumentellen Eingriffen im Urogenitaltrakt. Urologische Infektionen können jedoch auch durch hämatogene oder lymphogene Ausbreitung entstehen. Die hämatogene Pathogenese ist für die im urologischen Bereich seltener anzutreffenden Erreger Staphylococcus aureus, Candida albicans, Salmonella spp oder Mycobacterium tuberculosis bekannt.Virulenz und Pathogenität der Erreger sind abhängig von erregerspezifischen Faktoren (z. B. Vorhandensein von Pili) und patientenspezifischen Faktoren (z. B. Obstruktionen, Urinkathetern, reduziertem Immunstatus).

Die Anzahl der Bakterien im Untersuchungsmaterial (Urin, Prostatasekret) gilt als wichtiges diagnostisches Kriterium. Die quantitative mikrobiologische Analyse muss jedoch in Abhängigkeit von der Infektion und dem Patienten differenziert erfolgen. Folgende Grenzwerte (cfu = colony forming units) gelten bei Nachweis aus Mittelstrahlurin als signifikant· Akute unkomplizierte Zystitis bei Frauen: > 103 cfu uropathogene Erreger/ml· Akute unkomplizierte Pyelonephritis bei Frauen: > 104 cfu uropathogene Erreger/ml· Komplizierte urologische Infektion bei Männern und Frauen: > 105 cfu uropathogene Erreger/ml

Bei suprabubischer Gewinnung der Urinproben gilt jeder Nachweis von Erregern als relevanter Hinweis auf eine Infektion. Eine asymptomatische Bakteriurie liegt vor, wenn im Mittelstrahlurin aus zwei im Abstand von > 24 Stunden gewonnenen Proben der gleiche uropathogene Erreger mit = 105 cfu/ml nachgewiesen werden kann.

Die Klassifikation der Infektionen des urologischen und männlichen Genitalbereichs erfolgt nach der Lokalisation (Zystitis, Pyelonephritis, Urethritis, Epididymitis, Prostatitis, Orchitis),wobei das Vorhandensein pathogener Erreger zeitgleich auch in den anderen Abschnitten des Urogenitaltrakts möglich ist.

Praxisorientierte Therapieempfehlungen basieren auf der Einteilung nach vorherrschenden Infektionszeichen und berücksichtigen die Schwere eines Verlaufes und vorhandene Risikofaktoren.

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