Osteitis/Osteomyelitis

DruckansichtPDF erzeugen

Knochen sind im Normalfall gegen Infektionen gut geschützt. Eine Infektion tritt nach hoher Erregerexposition, traumatisch verletzten Knochenstrukturen oder Fremdkörpern auf. Die Infektion kann auf direktem Weg erfolgen (traumatisch, iatrogen), fortgeleitet oder hämatogen. Die Virulenz der Erreger, der Immunstatus des Patienten, Lokalisation und Durchblutung des Knochens spielen eine wesentliche Rolle in der Pathogenese. Staphylokokken zeigen sich beispielsweise durch eine hohe Adhärenz an Komponenten der Knochenmatrix und eine hohe Resistenz gegenüber Abwehrmechanismen aus.

Eine akute Infektion der Knochen entwickelt sich in wenigen Tagen bis Wochen und kann in eine chronische über Monate (bis Jahre) währende Infektionen übergehen. Im Laufe der progressiven Infektion wird Knochengewebe zerstört und neu aufgebaut. Es kommt zu einem lokalen Knochenverlust und zur Ausbildung toter, nicht durchbluteter Sequester in denen Erreger persistieren können. Meist sind sie dann einer Antibiotika-Therapie schwer zugängig.

Entscheidend für den Verlauf und die Prognose von Knochen- und Gelenkinfektionen sind eine frühe Diagnose und eine adäquate Therapie. Diese besteht in einem ausgiebigen chirurgischen Débridement, bzw. der Synovektomie bei Gelenken, der Stabilisierung einer Fraktur und der Versorgung der Haut-/Weichgewebsdefekte. Bei der chronischen Ostitis muss häufig der infizierte Knochen entfernt werden. Eine Antibiotika-Behandlung ist indiziert. Sie sollte initial hochdosiert parenteral erfolgen. Eine Sequenztherapie ist möglich, wenn mit der oralen Medikation adäquate Wirkspiegel sichergestellt werden können. Die Dauer der parenteralen Therapie ( 7 Tage) im Rahmen einer Sequenztherapie hatte in einer Cochrane-Analyse bei Kindern mit Osteomyelitis keinen Einfluss auf den Behandlungserfolg.
Bei der Auswahl der Substanzen ist auf eine gute Knochen- und Gewebegängigkeit zu achten. In einer weiteren Cochrane-Untersuchung wurde die Antibiotika-Therapie von Knochen- und Gelenkinfektionen untersucht und bewertet. Insgesamt wurden 22 randomisierte klinische Studien eingeschlossen. Die Qualität der Studien wurde überwiegend als schlecht beurteilt, so dass keine Therapie auf Grund guter Evidenz-basierter Daten empfohlen werden kann und letztlich die Meinung von Experten widerspiegelt.

Die Osteomyelitis ist eine Infektion des Markraums, die zumeist durch endogen-hämatogene Erregeraussaat oder durch fortgeleitete Infektionen verursacht wird. Das Erregerspektrum ist altersabhängig unterschiedlich. Im Erwachsenenalter dominieren Mono-Infektionen durch Staphylococcus aureus, Streptokokken, Pseudomonas aeruginosa, Proteus spp. und Escherichia coli. Sind alle Elemente des Knochenbaus betroffen, liegt eine Ostitis vor. Sie entsteht in der Regel posttraumatisch/ postoperativ durch direkte Kontamination während eines Traumas bzw. intraoperativ. Bei geschlossenen Frakturen sind Knocheninfektionen eher selten, sie treten bevorzugt bei offenen Frakturen auf. Risikofaktoren sind die Schwere der Fraktur, der Kontaminationsgrad der Wunde, das Ausmaß einhergehender Gewebeverletzungen und patientenindividuelle Faktoren wie Hypotension, Rauchen, Mangelernährung und Alkoholismus.

Wegen der besonderen Prädisposition durch das Fehlen schützender Muskulatur und der im Vergleich zu anderen Bereichen schlechteren Durchblutung ist das Schienbein häufig betroffen. Bei Patienten mit offenen Frakturen sollte grundsätzlich eine Antibiotika-Prophylaxe bzw. eine Kurzzeittherapie durchgeführt werden. Die Effektivität dieser Maßnahme (Reduktion der Infektionsrate gegenüber Plazebo von 8 % absolut) wurde in einem Cochrane-Review über sieben randomisierte bzw. quasirandomisierte Studie bei Patienten mit offenen Frakturen belegt.
Häufig liegen Mischinfektionen mit Staphylokokken, Streptokokken, Enterobacteriaceae und selten auch Anaerobiern vor. Bei der postoperativen Ostitis dominieren Staphylokokken.

Die klinischen Zeichen einer Knocheninfektion mit Fieber, Schmerzen, Schwellung und Rötung sind unspezifisch. Subakute Verlausformen können vorkommen. Laborparameter wie Anstieg der Leukozyten, erhöhte Sedimentationsgeschwindigkeit sind oft unauffällig. Erreger können dagegen häufig bei akuten Verlaufsformen in Blutkulturen nachgewiesen werden. Eine eindeutige Diagnostik ist nur mit bildgebenden Verfahren möglich. Dabei werden verschiedene Methoden (Radiographie, MRT, CT, US, Knochen-Szintigraphie, Leukozyten-Szintigraphie, Galllium-Szintigraphie, Fluorodeoxyglucose-Positronen-Emissions-Tomographie) herangezogen. Die diagnostische Genauigkeit wurde in einer Metaanalyse für den Nachweis einer chronischen Osteomyelitis beurteilt. Dabei zeigte die Fluorodeoxyglucose-Positronen-Emissions-Tomographie insbesondere in axialen Skelettbereichen und die Leukozyten-Szintigraphie im peripheren Skelettbereichen das beste Ergebnis.
Die initiale parenterale Therapie erfolgt kalkuliert mit einem Aminopenicillin/BLI, einem Cephalosporin der Gruppe 2 in Kombination mit Clindamycin oder gegebenenfalls auch einem Fluorchinolon. Bei Infektionen durch multiresistente Staphylokokken hat sich eine Therapie mit Teicoplanin bewährt. Bei hohem Risiko für multiresistente Staphylokokken ist die Indikation für Linezolid zu prüfen, dessen Einsatz wegen der lang dauernden Therapie über mehrere Wochen jedoch problematisch ist (Tab. 18). Nach Erhalt der Ergebnisse der mikrobiologischen Diagnostik sollte die Therapie gezielt fortgeführt werden. Die Therapie muss über mehrere Wochen (ggf. als Sequenztherapie) erfolgen, da Erreger in abgestorbenen bzw. schlecht durchbluteten Knochenstrukturen persistieren können.

Die Sternumostitis wird im Wesentlichen durch Staphylococcus aureus und Koagulase-negative Staphylokokken – nicht selten multiresistent – verursacht. Die Antibiotika-Therapie erfolgt initial hochdosiert mit einem Isoxazolylpenicillin oder einem Cephalosporin der Gruppe 2 in Kombination mit Clindamycin oder Fosfomycin. Bei MRSA oder MRSE ist Linezolid oder Teicoplanin bzw. Daptomycin (beide nur parenteral verfügbar) Mittel der Wahl.